Ursprünge und Wesen der Freimauererei
- Was ist Freimaurerei?
- Ursprünge der Freimaurerei
- Wer kann Freimaurer werden?
- Vorurteile über die Freimaurerei
- Organisation der Freimaurer
- Geschichtliche Entwicklung der Freimaurerei
- Wie wird man Freimaurer?

Sechs Millionen Männer unterschiedlicher Herkunft, Bildung, Berufe, Rassen und Religionen gehören dem Bund der Freimaurer weltweit an, gleich und einig nur im Streben nach innerer Reifung und Selbstvervollkommnung im humanitären Sinne: Eine Gemeinschaft "ungleicher Gleichgesinnter". Ihre ,,Ungleichheit'' bedeutet zudem, daß es so viele Definitionen von Freimaurerei gibt, wie es Freimaurer gibt, und es besagt ebenfalls, daß Freimaurer die Meinungen anderer gelten lassen, daß Toleranz untereinander und gegenüber der Außenwelt, außerhalb der Loge, eines ihrer obersten Gebote ist.

Freimaurerei kennt keine Dogmen, und Freimaurerei vertritt als Organisation für Ihre Mitglieder keine Standpunkte zu politischen oder religiösen Fragen. Sie ist vielmehr ein Institut der Selbsterziehung, das seine Mitglieder durch verschiedene logeninterne Veranstaltungen oder Handlungen immer wieder auf gewisse Grundregeln der Menschlichkeit und der Aufrichtigkeit, der Toleranz und der Brüderlichkeit, aber auch auf die Verpflichtung hinweist, außerhalb der Loge im Sinne dieser Grundregeln zu handeln, also gewissermaßen nach außen auszustrahlen, was im Innern gewachsen ist.

Aus diesen Umschreibungen läßt sich bereits ersehen, daß Freimaurerei nichts ist, was ganz präzise definiert werden kann, wie etwa eine berufliche Interessenvereinigung, ein Sport- oder ein Kunstverein. Vorweggenommen werden soll allerdings schon an dieser Stelle eine ganz eindeutige Aussage: Freimaurerei ist keine kirchenähnliche Einrichtung und kein Kirchenersatz.

Was ist Freimaurerei ?

Einige berühmte Männer, die Freimaurer waren, haben es so beschrieben: Goethe in einer 1821 gehaltenen Logenrede (er war Mitglied in der Weimarer Loge "Anna Amalia zu den drei Rosen" , die wie alle deutschen Logen durch die Nazis verboten wurde und dies auch unter dem SED -Regime blieb, inzwischen aber nach der Wiedervereinigung zu neuem Leben erweckt wurde) : "Unser Bund hat viel Eigenes, wovon gegenwärtig nur das eine herausgehoben werden mag, daß, sobald wir uns versammeln, die entschiedenste Art von Gleichheit entsteht... Jeder bescheidet sich in würdiger Gesellschaft, in Betracht allgemeiner Zwecke auf alles Besondere Verzicht tun." Goethe weist damit in der Sprache und Ausdrucksweise seiner Zeit darauf hin, daß der Freimaurer gewissermaßen an der Logentür Titel, Rang oder Stand ablegt und nur Bruder unter Brüdern ist. Daß alle Brüder sich in völliger Gleichheit begegnen. Im Freimaurerlexikon der Autoren Lennhoff und Posner aus dem Jahre 1932, neu aufgelegt 1980, wird das freimaurerische Symbol der Wasserwaage so beschrieben: "Sie bedeutet in der freimaurerischen Symbolik die Gleichheit, das gleiche Recht, die gleiche Würdigkeit aller, die Unterodnung der Vorrechte der Geburt, des Standes oder des Besitzes unter das reine Menschentum. Sie versinnbildlicht auch den sozialen Ausgleich..."

Friedrich der Große sagt in einer Kabinettordre vom 7 . Februar 1779, "... daß ich immer mit Vergnügen an dem Glück und der Wohlfahrt einer Gesellschaft (gemeint ist die Freimaurerei oder die Loge) teilnehme, die, so wie diese, ihren Ruhm in die unermüdliche, unausgesetzte Verbreitung aller Tugenden setzt, die den rechtschaffenen Mann und wahren Vaterlandsfreund bilden" . Friedrich der Große wurde durch das persönliche Beispiel und durch die Vermittlung von Albrecht Wolfgang, regierender Graf zu Schaumburg-Lippe, 1738 zum Freimaurer aufgenommen.

Gotthold Ephraim Lessing, dessen Werk eindeutig freimaurerische Züge tragt - nicht nur in den lesenswerten Gesprächen für Freimaurer "Ernst und Falk" - sagte : ,,Freimaurerei ist nichts Willkürliches, nichts Entbehrliches, sondern etwas Notwendiges, das im Wesen der Menschen und der bürgerlichen Gesellschaft gegründet ist." Hierbei klingt schon etwas an, das ich besonders herausstellen möchte: Freimaurerei erhebt keinen Alleinanspruch auf ihre Zielvorstellungen.

Vielmehr geht es in der Freimaurerei um etwas, was jedermann für sich allein tun könnte. Man muß nicht Freimaurer sein, um tolerant, menschlich, hilfsbereit und brüderlich zu sein und nach dem ,,Guten'', nach menschlicher Reife zu streben. Aber der Einzelne tut sich sehr viel schwerer, in diesem Sinne während seines Lebens ganz allein vorwärts zu kommen, zu reifen, sich möglichst weit zu vervollkommnen. Im Kreise Gleichgesinnter erfährt man ständig neue Anregungen, durch die freimaurerische Symbolik und durch Rituale bei bestimmten Zusammenkünften wird man immer wieder aufs neue darauf hingewiesen. Letztlich ist Freimaurerei auch insofern Lebenshilfe, als wir gemeinsam auf der Suche nach dem Sinn dieser Welt und unseres Daseins sind, wohl wissend, daß wir immer Suchende bleiben werden. Trotzdem bleibt der Freimaurer doch immer Individualist; was heißen soll, daß das, was ich eben darzustellen versuchte, nichts dogmenähnliches ist. Geistige Freiheit steht obenan.

Kaiser Friedrich III., der wegen seines Kehlkopfleidens nur 99 Tage im Jahre 1888 regierte, sagte in bezug auf sich selbst über die Freimaurerei: "Für mich war sie mit eine Quelle, das mir auferlegte Leid in Ergebenheit gegen den Willen Gottes zu tragen." Und ganz allgemein sagte er über die Freimaurerei, der er 28 Jahre angehörte : "Zwei Grundsätze bezeichnen vor allem unser Streben : Gewissensfreiheit und Duldung.''

Franz Carl Endres, freimaurerischer Schriftsteller - Anfang des Jahrhundert als deutscher Generalstabeschef in türkischen Diensten, sagt in seinem sehr lesenswerten, heute noch in Neuauflagen erhältlichen Buch „Das Geheimnis des Freimaurers": „Aufgabe der Freimaurerei (ist), der Gemeinschaft zeigen, was sie dem Individuum schuldet, und dem Individuen zheigen, was sie der Gemeinschaft schulden".

Ursprünge der Freimaurerei
 
Die Freimaurerei hat ihren Ursprung, so sagt es die wohl am besten begründete Geschichtstheorie, in den alten Bauhütten der Kirchenbauenden Bruderschaften, bruderschaftlichen Vereinigungen erst geistlichen, später weltlichen Charakters, die je nach dem zu bearbeitenden Objekt oder Bauplatz ihren Wohnsitz veränderten und durch die internen, nach außen geheimgehaltenen Bauhüttengebräuchen verbreiten.

Die Kirchenbaumeister beherrschten vor vielen Jahrhunderten bereits die hohe Baukunst riesiger Kirchenbauwerke. Verständlich, daß sie ihre Baumeister- „Geheimnisse" vor Fremden geheimhalten wollten, und verständlich auch, daß sich in jenen Bauhütten über die Jahrhunderte hinweg Gebräuche und Rituale entwickelten ebenso wie geheime Erkennungszeichen, die verhinderten, daß Fremde als angeblich in ihre Geheimnisse Eingeweihte in die Bauhütte eindrangen und somit diese Geheimnisse ihres Baumeisters, zum Beispiel in Geometrie oder Statik, erfuhren. Untereinander tauschten sich die Bauhütten allderdings auch vielfach aus, und hier standen die deutschen Bauhütten in enger Verbindung mit denen in England. Da schon in den Baukolegien der Römer un in den Verbänden der Comacini, lombardische Bauhütten, Gebräuche entwickelt wurden, die sich aus dem Zusammenleben einer Gruppe von Menschen mit gleichen Berufszweck von selbst ergeben, so sind in diesen alten Bauhütten gebräuchlichen sehr alte Bestandteile mitverarbeitet, ohne daß dies im einzelnen genau nachzuweisen wäre. Denn schriftlich festgehalten wurden damals soche Geheimnisse nicht, sondern nur innerhalb der Bauhütten von Mund zu Mund überliefert. Diese Bauhüttentradition geht also direkt auf die Steinmetzen- und Kirchenbauhütten und ihre Gebräuche zurück. Von dort stammen die symbolischen Ausdrücke, die freimaurerische Terminologie.

Als die Kirchenbauten, die Errichtung großer Dome und Kathdralen weniger wurden und dann so gut wie ganz aufhörten, setzte sich die Tradition der „Werkaumer", jener Steinmetzen und Kirchenbauer der Bauhütten, auf besondere Weise fort: Diese Bauhütten hatten zuvor schon Männer, die nicht Bauberufen angehörten, meist Mäzene, Adlige oder in anderer Weise herausragende Männer, in ihren Bauhütten als Mitglieder „angenommen, -als Ehrenmitglieder, würden wir heute vielleicht sagen. Männer, die den geistigen Gehalt jener Symbolik, und Rituale der Bauhütten, wie er sich im Verlaufe von Jahrhunderten aus den eigentlichen Bausymbolen entwickelt hatte, erkannten und würdigten. Ich nenne hier einmal den rechten Winkel als Symbol für stets rechtes (,,winkelgerechtes'') Handeln oder die Wasser- oder Setzwaage als Symbol dafür, daß alle Menschen grundsätzlich gleich sind, sich auf gleicher Ebene begegnen sollen.

Je mehr die Bautätigkeit abnahm, um so mehr nahm auch die Zahl der Werkmaurer ab, und die Zahl der "angenommenen" Maurer, der ,,spekulativen'' Maurer, zu. Schließlich gab es in den Bauhütten gar keine Werkmaurer mehr, und sie nannten sich Logen, englisch Lodges, ein Wort, das vom lateinischen logia oder logium für Wohnhaus stammt. Sitten und Gebräuche, Symbolik und Rituale und deren aus der Steinmetz- und Kichenbaukunst stammenden Sprache und Ausdrücke blieben jedoch erhalten, ebenso die Erkennungszeichen und -worte aus jenen Zeiten. Desgleichen das, was man als Außenstehender als ,,Rangstufen'' in der Freimaurerei bezeichnen würde: Man wird zum Freimaurerlehrling aufgenommen, nach meist einem Jahr zum Freimaurergesellen befördert und nach einem weiteren Jahr zum Freimaurermeister ,,erhoben'' . Aber diese Stufen haben lediglich symbolische Bedeutung. Sie sollen die Reifung des Menschen von der Geburt bis zum Tode symbolisieren und außerdem dem Neophyten in der Zeit bis zur Erreichung des Meistergrades durch gesonderte Unterweisungen ein tieferes Eindringen in die Freimaurerei ermöglichen. Logenmitglied mit allen Mitgliedsrechten und Pflichten ist der Freimaurer jedoch sogleich mit seiner Aufnahme, nur kann er vor Erreichung des Meistergrades noch keine Ämter bekleiden.

Wer kann Freimaurer werden ?

Jeder Mann kann ohne Rücksicht auf seine Religion, Hautfarbe, Beruf, Bildungsgrad oder gesellschaftliche Position Freimaurer werden. Die Freimaurer haben so etwas wie ein ,,Grundgesetz'', das von allen regulären Logen anerkannt werden muß, die 1722 von dem englischen Freimaurer, Reverend James Anderson, heute von uns kurz "Alte Pflichten" genannten ,,Constitutions of the Free-Masons, containing the History, Charges, Regulations etc. of that most Ancient and Right worshipful fraternity'' .Danach kann Freimaurer werden, wer ein "freier Mann von gutem Ruf" ist, wobei das Wort ,,frei'' heute in übertragenem Sinne gesehen werden sollte: Frei von Vorurteilen, aber auch frei von Bindungen, die verhindern, daß er frei und selbständig denken und handeln kann.

Dies gilt, was die Bindung betrifft, nicht für die Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Religionsgemeinschaft, sofern ihm diese nicht verbietet, Freimaurer zu sein. Dazu heißt es in jenen "Alten Pflichten" unter der Überschrift "Von Gott und Religion". "Der Maurer ist durch seinen Beruf verbunden, dem Sittengesetz zu gehorche, und wenn er seine Kunst recht versteht, wird er weder ein dummer Gottesleugner noch ein Wüstling ohne Religion sein".

Und weiter heißt es: "Aber obgleich in alten Zeiten die Maurer verpflichtet waren, in jedem Lande von der jedesmaligen Religion des Landes oder der Nation zu sein, so hält man doch jetzt für ratsam",- und nun kommt eine Formulierung, die auch für heutige Zeiten als unübertreffbar in ihrer toleranten, zugleich aber präzisen Art anzusehen ist, "so hält man doch jetzt für ratsam, sie bloß zu der Religion zu verpflichten, in welcher alle Menschen übereinstimmen...". Das heißt im übertragenen Sinne, der Freimaurer sollte ein Mann sein, der nicht so vermessen ist, seine Existenz auf menschliche Allmacht oder nur auf chemisch-biologische Entstehungsursachen zurückzuführen, sondern anerkennt, daß es noch irgendeine höhere Kraft oder Dimension außerhalb von uns oder Über uns gibt, deren verstandesgemäßes Erfassen uns versagt ist.

Vorurteile über die Freimaurerei

Mißverständnisse in bezug darauf, daß Freimaurerei nichts kirchenähnliches und schon gar nicht etwa ein Kirchenersatz ist, gibt es manchmal dadurch, daß der Ort, meist ein Saal in unserem Logenhaus, in dem unsere rituellen Zusammenkünfte abgehalten werden, ,,Tempel'' genannt wird. Daß dies nichts mit Kirche zu tun hat, ist leicht erklärt: Wir sagen in der alten Sprache unserer Gründerzeit, die sich auch in den Ritualen wiederfindet - daß wir als Freimaurer am Tempel der Menschheit , am Tempel der Humanität, bauen. Wir verstehen uns Freimaurer in solcher Symbolik als Bausteine für jenen Tempel der Humanität. Als Bausteine, die zunächst noch ungeformt und rauh sind, die wir jedoch durch Selbsterziehung - eben auch und gerade in der Loge - so ,,behauen" möchten, daß sie als rechte Bausteine in jenem Tempel verwendet werden können. Wir nennen diese Art von Selbsterziehung die "Arbeit am rauhen Stein".

Ein weiteres Vorurteil gegenüber der Freimaurerei besagt, sie sei ein Geheimbund und betreibe dunkle Machenschaften, wie es etwa die Nationalsozialisten oder auch Erich und Mathilde Ludendorff, die Freimaurerhasser par excellence, behaupteten. Vorwegzunehmen ist, daß natürlich die Freimaurerei jeglichem totalitaren Regime ein Dorn im Auge sein muß, auch jeglichen religiösen Instanzen, die für sich das Recht der alleinigen Gültigkeit in Anspruch nehmen. Sie sind sozusagen geborene Gegner der Freimaurerei, die ja auf dem Grundprinzip freier Religionsausübung und Toleranz gründet. Die Behauptung, die Freimaurerei sei ein Geheimbund und sie verfüge über ein Geheimnis oder über Geheimnisse, die Außenstehenden verborgen bleiben, ist jedoch in dem Sinne, in dem es gemeint ist, ganz und gar haltlos. Gewiß, wir haben Rituale und Symbole, Erkennungszeichen und -worte. die wir keinem Außenstehendem sagen würden, die aber jeder Außenstehende in jeder größeren Bibliothek nachlesen kann.

Wo also liegen die Geheimnisse oder das Geheimnis der Freimaurerei? In weiter nichts als dem Erlebnis. Dem Erleben der Rituale und Symbole während unserer monatlich einmal abgehaltenen ,Tempelarbeiten'', im Erleben der Brüderlichkeit, im Erleben des Einsseins im gemeinsamen Streben. Erlebnisse aber kann man nicht verraten, kann man auch durch noch so gute Beschreibungen als Außenstehender nicht nachempfinden. Sie sind es, die nun schon seit fast drei Jahrhunderten, auf den genannten Grundlagen der Freimaurerei aufbauend, das Wesen und die Wirkung der Freimaurerei auf das einzelne Mitglied ausmachen, es immer wieder anregen, an sich selbst zu arbeiten und es damit formen und reifen lassen, wenn das Mitglied es ernst nimmt mit seinem eigenen Wollen nach Selbstvervollkommnung, soweit diese auf dieser Welt möglich ist.

Soviel also über das sogenannte Geheimnis der Freimaurerei. Aber es sind eigenartigerweise selbst in unserer heutigen aufgeklärten Gesellschaft noch weitere, absurde Gruselgeschichten über die Freimaurerei verbreitet: Zum Beispiel, daß angeblich jährlich in den Logen darüber gekugelt wird, wer in diesem Jahr sterben muß oder aber - auf anderer Ebene-, daß eine Weltverschwörung von Freimaurern und Juden - manchmal wird dazu kurioserweise auch noch die Katholische Kirche genannt - für alles Unglück auf dieser Welt, vor allem für die Kriege, verantwortlich sei. Die heutigen Freimaurer, die jedermann in ihrer jeweiligen Umgebung kennt, sollten allein schon die Gewähr dafür bieten, daß Freimaurerei mit derartigen Unterstellungen nichts zu tun hat. Dies erst recht, wenn wir an jene Männer denken, deren Zitate eingangs angeführt wurden und die unserem Bunde angehörten, Männer, deren Reihe ich beliebig verlängern könnte. So sind allein in Hannover etwa hundert Straßen nach Freimaurern benannt, wie es sich in einem kleinen Büchlein unseres Logenbruders Heinz Kühne nachlesen läßt, das allerdings leider vergriffen ist. Aber gegen jene Verschwörungstheorie spricht noch sehr viel mehr. So heißt es schon in jenen "Alten Pflichten" sehr deutlich: "Der Maurer ist ein friedfertiger Untertan der bürgerlichen Gewalt, wo er auch wohnet und arbeitet, und er muß sich nie in Meuterei oder Verschwörung gegen den Frieden und die Wohlfahrt der Nation einlassen, noch sich pflichtwidrig gegen die Unterobrigkeit betragen." Schließlich ließe auch die Organisationsform der Freimaurerei Verschwörungen, erst recht grenzüberschreitende, überhaupt nicht zu.

Organisation der Freimaurer

Die Logen sind nicht nur eingetragene Vereine im Sinne des BGB, die natürlich auch ihre Satzungen dem Amtsgericht vorlegen und von diesem auch genehmigen lassen müssen. Darüber hinaus sind sie auch in der freimaurerischen Organisation selbständig und unabhängig. Die sogenannten ,,Großlogen'' in den einzelnen Ländern sind föderalistische Zusammenschlüsse der Logen, die von diesen, wie jede Dachorganisation, finanziert werden, aber im übrigen mit wenigen Ausnahmen keinen direkten Einfluß auf das Logenleben haben. Eine Ausnahme betrifft das Wachen der Großlogen darüber, daß die Freimaurerei in den Logen unverfälscht im Sinne jener "Alten Pflichten" betrieben wird. Das ist deswegen wichtig, weil sicherlich nur so die Freimaurerei die Zeiten Überdauert hat und auch weiter Überdauern wird, indem sie sich nicht in allem und jedem dem jeweiligen Zeitgeist anpaßt, sondern unverändert an ihren Prinzipien festhält. Und wenn man sieht, daß die erste Großloge in England vor 279 Jahren gegründet wurde und die älteste hannoversche Loge "Friedrich zum weißen Pferde" 1996 ihr 250. Stiftungsfest feiern konnte, dann erkennt man die Richtigkeit des Festhaltens an jenen alten Prinzipien. Die alte und heute zunächst etwas fremd anmutende Sprache, die sich teils auch noch in unseren Ritualen wiederfindet, verlangt jedem Freimaurer noch mehr Aufmerksamkeit ab als die Sprache, mit der wir täglich umzugehen gewohnt sind.

Die Großlogen haben noch die weitere Aufgabe, den bruderschaftlichen Verkehr der Logenmitglieder auch im jeweiligen Ausland zu ermöglichen. Zu den schönsten Erlebnissen die man als Freimaurer haben kann, zählt der Besuch anderer Logen, sowohl in unserem eigenen Lande, als auch im Ausland. Es ist immer wieder beeindruckend, wie man als Bruder in anderen Logen empfangen wird, mit welcher Freude und Herzlichkeit. Reist man ins Ausland, so erfährt man über die Großloge die in Frage kommenden Logenadressen und wird von der Großloge auch meist dort avisiert, wo hin man zu reisen gedenkt. Im Inland ist es noch viel einfacher: Alljährlich wird ein "Kalender" herausgegeben, in dem alle Logen mit Adressenangaben etc. verzeichnet sind. Hier in Niedersachsen und den neuen Bundesländern haben wir es noch leichter, andere Logen zu besuchen: Allmonatlich erscheint ein Nachrichtenblatt, in welchem die sogenannten ,,Arbeitspläne", die Veranstaltungstermine von derzeit 80 Logen mit genauen Bezeichnungen der Art der Veranstaltungen, angegeben werden. Ohne Anmeldung kann an allen Veranstaltungen aller Logen jeder Freimaurer teilnehmen. Das gilt grundsätzlich für die ganze Welt, für alle Länder, in denen es Freimaurerlogen gibt. Diese Verbundenheit aller Logen und aller Freimaurer auf der Welt nennen wir die „Weltbruderkette'' . Die Freimaurerei ist in allen nicht totalitär regierten Ländern der Erde verbreitet.

Geschichtliche Entwicklung der Freimaurerei

Die Gründung der ersten Großloge in London durch vier Logen erfolgte im Jahre 1722. Bis dahin hatte es nur einzelne Logen ohne Zusammenschluß in England gegeben. Mit dem Zusammenschluß dieser vier Logen zu einer Großloge (heute: ,,United Grand Lodge of England'') begann ein neues Kapitel in der Geschichte der Freimaurerei und wurde praktisch der Grundstein für die nachfolgende, sehr schnelle Verbreitung über die ganze Welt eingeleitet. Ihre Grundsätze Humanität, Geistesfreiheit, Toleranz entstammten dem Geiste der aufkommenden Aufklärung. Hervorragende Vertreter der Aufklärung waren Freimaurer: In Frankreich Helvetius, d' Alembert, Holbach und Voltaire, im Deutschland zur Zeit Friedrichs des Großen, in dem der Rationalismus des Freimaurers Christian Wolff vorbereitend wirkte, der König selbst, Lessing, Herder, Nicolai oder der Freiherr vom Stein, in Österreich Ignaz von Born, Sonnenfels und andere. Es ist sicherlich kein Zufall, daß des Freimaurers Wolfgang Amadeus Mozart „Zauberflöte" den Kampf der Aufklärung gegen die finsteren Mächte des überkommenen Dogmentums darstellt. Und so ist auch zum Beispiel die Verfassung der Vereinigten Staaten von Freimaurern geschaffen und nach freimaurerisch-demokratischen Grundsätzen aufgebaut. Von ihren 59 Unterzeichnern waren 56 Freimaurer.
USA-Präsidenten wie Washington, Jefferson, Theodore Roosevelt oder Truman gehörten dem Freimaurerbunde an. Mit etwa dreieinhalb Millionen Mitgliedern ist die Freimaurerei in den USA auch die mitgliederstärkste und verbreitetste innerhalb eines Landes auf der ganzen Welt.
Der erste Nachweis freimaurerischer Arbeit in Deutschland ist die Gründung der ,,Societe des Acceptes Masons Libres de la Ville de Hambourg'' am 6. Dezember 1737. Diese Loge nahm später den Namen " Absalom zu den drei Nesseln" an. In der Matrikel, in der alle deutschen Logen in der Reihenfolge ihrer Gründung mit Nummern bezeichnet sind, trägt diese Loge die Nummer 1 (,,Friedrich zum weißen Pferde" = 19, ", Albrecht Wolfgang" = 448) . Die Matrikelnummern heute neugegründeter Logen haben jetzt die Zahl 1.000 überschritten. Die Verbreitung der Freimaurerei in Deutschland wurde wesentlich durch einen Mann gefördert, den ich schon im Zusammenhang mit der Aufnahme Friedrichs des Großen erwähnte, Graf Albrecht Wolfgang zu Schaumburg-Lippe. Er war auch unmittelbar beteiligt an der Aufnahme des mit ihm befreundeten Franz von Lothringen" des späteren Gemahls der österreichischen Kaiserin Maria Theresia. Er selbst wurde 1723 als erster Deutscher und zugleich als erstes Mitglied eines regierenden Hauses in London zum Freimaurer aufgenommen.
In Niedersachsen wurde 1744 als erste Loge die Loge ,,Carl zur gekrönten Säule" (Matrikelnummer 15) in Braunschweig gegründet. Ihren Namen erhielt sie von ihrem Protektor, Herzog Carl I., der ihr auch gestattete, die Säule aus seinem Wappen in ihr Logenzeichen zu übernehmen. Bald danach verbreitete sich die Freimaurerei in allen größeren Orten Niedersachsens. So wurde als zweite in Niedersachsen 1746 die Loge "Friedrich zum weißen Pferde" in Hannover gegründet. Ihre Gründer - Offiziere, Kaufleute, Beamte - waren beseelt von sittlichem Optimismus und begeistertem Idealismus für den freimaurerischen Gedanken ebenso wie für die Ziele der Aufklärung. 1774 folgte die Gründung der Logen "Zum schwarzen Bär" und "Zur Ceder'' . In alten Mitgliederlisten dieser Logen finden wir berühmte Namen aus Hannovers Geschichte wie Freiherr Knigge, von Wallmoden, von Königstreu, Fürst von Hardenberg, von Ilten, von Reden, Schlegel, von Spörken, Blumenhagen, Laves und viele andere.

Es war natürlich, daß sich auch junge Menschen in der Universitätsstadt Göttingen zur Freimaurerei hingezogen fühlten. Sie gründeten 1775 die Loge "Zum goldenen Zirkel", heute, unter Hinzunahme des Universitätsnamens, " Augusta zum goldenen Zirkel''. Auch in ihrer Ahnenreihe stoßen wir auf bekannte Namen wie Gottlieb August Bürger, Johann Heinrich Voß Christian Boie, die Grafen Stolberg oder Ludwig Hölty.

Im Jahre 1828 wurde unter dem Vorsitz des Herzogs Ernst August, des späteren Königs, die Großloge des Königreichs Hannover installiert. Ernst August war 1796 in England zum Freimaurer aufgenommen worden. Er gehörte der Loge ,"Friedrich zum weißen Pferde" als Ehrenmitglied an. Sein Nachfolger als Großmeister wurde Georg V., König von Hannover: Seine Aufnahme zum Freimaurer erfolgte am 14. Januar 1857 im Landschaftssaal des Leineschlosses. Auf einer aus diesem Anlaß geprägten Münze ist zu lesen: "Siehe, der Palast ist zur Bauhütte geworden und die Bauhütte zum Palast". - Nach der Auflösung des Königreichs Hannover im Jahre 1866 mußten sich die niedersächsischen Logen einer preußischen Großloge anschließen.

Bis zum ersten Weltkrieg gab es in den niedersächsischen Logen etwa 4.000 Freimaurer. Die Logen engagierten sich - wie noch heute - für karitative Zwecke. So finanzierten sie in Hannover zum Beispiel ein Milchfrühstück in 18 Schulen, eine damals ganz neue Einrichtung, die später von der Stadtverwaltung übernommen wurde. Heute gibt es in Hannover neun Logen mit etwa 600 Mitgliedern.

Vor 1933 bestanden in den alten Reichsgrenzen Deutschlands 433 Logen mit etwa 100.000 Mitgliedern. Mit der Machtübernahme durch Hitler wurden bis 1935 die Logen geschlossen, die Freimaurerei verboten und in der bereits angedeuteten Weise diffamiert. Dies so gründlich, daß viel davon in manchen Köpfen hängegeblieben ist. So war der Wiederaufbau der Freimaurerei, die Wiedergründung ihrer Logen, mit einem Doppelten Handicap belastet, nämlich mit jener Diffamierung und mit dem Ausfall einer halben Generation potentieller neuer Mitglieder, die innerhalb dieses Zeitraumes nicht aufgenommen werden konnten. Die dadurch bewirkte Überalterung ist heute weitgehend überwunden. Wenn jungen Menschen die Freimaurerei in der rechten Weise nahegebracht wird und sie sich dafür generell interessieren, treten sie gern in eine Loge ein und fühlen sich darin wohl.

Heute gibt es im Bundesgebiet einschließlich der neuen Bundesländer wieder etwa 450 Logen mit annähernd 15.000 Mitgliedern. Gleich nach der Wiedervereinigung wurde damit begonnen, Logen in den neuen Bundesländern wiederzuerwecken. Die Loge "Friedrich zum weißen Pferde" bewirkte durch den Einsatz vieler ihrer Brüder die Wiedergründung der ältesten Leipziger Loge ,,Minerva zu den drei Palmen" (Matrikelnummer 7!).

Auch an der Neugründung der Loge "Drei Türme im Hopfenfeld'' (Matrikelnummer 1007) in Gardelegen im Jahre 1995 waren mehrere ihrer Brüder beteiligt. In den neuen Bundesländern bestehen inzwischen wieder etwa 50 Logen. Gegründet wurden sie zunächst von Freimaurern aus den alten Bundesländern, die dann nach und nach auch Männer aus den jeweiligen Städten aufnehmen konnten. Sehr viel mehr als etwa 500 neue Mitglieder dürfte die Freimaurerei in den neuen Bundesländern noch nicht aufgenommen haben. Gleich nach der Wende spürte man, daß die Menschen dort auch nach neuen geistigen Orientierungen suchten. Inzwischen wurde dies jedoch vielfach durch näherliegende materielle Sorgen überdeckt, und man wird abwarten müssen, bis sich auch die wirtschaftlichen Verhältnisse dort so verbessert haben, daß jene Menschen sich noch mehr um immaterielle Dinge kümmern können.
Allerdings läßt sich auch heute wieder erfreuliches Interesse feststellen, wie Logenneu- oder -wiedergründungen in den neuen Bundesländern beweisen. Generell ist es so, daß sich Männer oft erst dann für die Freimaurerei interessieren, wenn sie - meist nach Familiengründung und in etwa abgeschlossener Berufskarriere - die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen.
Das heißt, daß sie sich meistens schon in einem etwas reiferen Alter befinden.

Wie wird man Freimaurer?

Wie erfährt man mehr über die Freimaurerei und wie wird man ihr Mitglied? Die Adressen und Telefonnummern der meisten Logen findet man im Telefonbuch (in Hannover sind es sieben von neun) . Fast alle Logen halten monatlich einmal einen Gästeabend ab, zu dem häufig auch Damen eingeladen sind. Das hat im wesentlichen zwei Gründe: Erstens sind wir, obwohl wir keine Frauen in unsere Logen aufnehmen, sehr interessiert daran, daß auch unter ihnen mögliche falsche Vorurteile ausgeräumt werden und daß sie die Freimaurerei und den Geist, der in unseren Logen herrscht, kennenlernen. Dies ist, zweitens, auch deswegen wichtig, weil wir niemand in eine Loge aufnehmen, dessen Frau oder Lebenspartnerin dagegen ist. Wir möchten den Logenbeitritt nicht durch die Stiftung von Unfrieden in Ehe oder Partnerschaft belasten. Und so statten Brüder unseres Aufnahmeausschusses nach Eingang eines Aufnahmeantrages dem Antragsteller zu Hause einen Besuch ab, bei dem die Ehefrau oder Partnerin zugegen sein sollte, um ihres Einverständnisses sicher zu sein.


Allerdings sei hier ausdrücklich bemerkt, daß der Besuch von Gästeabenden der Logen keinen Gast in irgendeiner Weise zu irgend etwas verpflichtet. Sobald aber jemand den Wunsch hat, Logenmitglied zu werden, wendet er sich an ein ihm bekanntes Mitglied, dem er Vertrauen schenkt. Dieses leitet dann das Aufnahmeverfahren in die Wege und übernimmt gegebenenfalls auch die erforderliche Bürgschaft. Die Bürgschaft hat keinerlei materielle Bedeutung, sondern stellt die freimaurerische Begleitung des Interessierten von seiner Antragstellung an bis zur Erreichung des Meistergrades sicher. Das neue Mitglied kann sich in allen Fragen an seinen Bürgen wenden.

Mehr über Freimaurerei ist nicht nur, wie schon angedeutet, durch das Ausleihen von Büchern in jeder größeren Bibliothek zu erfahren. In Hannover gibt es den ,,Freimaurerischen Bibliotheksverein''. Er ist bei der Landesbibliothek angesiedelt, die den gesamten umfangreichen Buchbestand des Vereins von heute etwa 2.500 Titeln übernommen hat und als gesonderte Abteilung führt. 

(nach oben)


zurück

 

(Abdruck mit Zustimmung des Verfassers Br. Waler Mehring - 1995)